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KI als Trump-Flüsterer? Die Gefahr vereinfachter Zoll-Ideen

Die Debatte über Zölle und ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft ist komplex und umstritten. Doch was passiert, wenn man künstliche Intelligenzen (KIs) wie ChatGPT, Claude oder Googles Gemini nach der „optimalen“ Berechnung von Zöllen fragt? Ein findiger Nutzer der Plattform X (ehemals Twitter) hat nun Erstaunliches entdeckt: Egal welcher Bot, egal welche Formulierung der Frage – die KIs neigen zu auffallend ähnlichen, stark vereinfachenden Antworten, die die Fallstricke und komplexen Zusammenhänge internationaler Handelsbeziehungen weitgehend ignorieren. Also genau die von Donald Trump getroffenen Zölle.

„Wie berechne ich am einfachsten Zölle, die erhoben werden sollten, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, wenn es um ein Handelsdefizit geht? Mindestens 10% festlegen.“

Die Ergebnisse waren frappierend ähnlich.

Trumps Zölle, Ideen von Claude und Gemini, exakt so wie durchgeführt.

Wie die Screenshots zeigen, schlugen die KIs unisono einen simplen Ansatz vor, der im Wesentlichen auf folgender Formel beruht:

Berechne das bilaterale Handelsdefizit mit jedem Handelspartner (Importe minus Exporte).

Drücke dieses Defizit als Prozentsatz des gesamten bilateralen Handels aus.

Wende einen Zollsatz an, der diesem Prozentsatz entspricht, jedoch mindestens 10%.

Diese „Formel“ wurde von den KIs als „einfach zu berechnen“ und „direkt mit dem Handelsungleichgewicht verbunden“ gelobt.

Was auf den ersten Blick nach einer pragmatischen Lösung klingt, offenbart bei näherer Betrachtung die Problematik solcher KI-generierten Antworten: Sie reduzieren hochkomplexe wirtschaftliche Zusammenhänge auf eine simple Gleichung. Wie Trumps Zölle. Sie ignorieren:

Ein Handelsdefizit ist nicht per se ein Zeichen unfairer Handelspraktiken. Es kann viele Ursachen haben, darunter unterschiedliche Spar- und Investitionsquoten, Wechselkurseffekte, die Spezialisierung von Volkswirtschaften oder einfach eine höhere Nachfrage nach ausländischen Gütern.

Der vermeintliche „faire“ Zollsatz trifft nicht nur ausländische Unternehmen, sondern auch inländische Verbraucher, die höhere Preise zahlen müssen. Zudem verteuert er die Vorprodukte für heimische Unternehmen, die auf Importe angewiesen sind.

Einseitig verhängte Zölle provozieren fast immer Vergeltungsmaßnahmen anderer Länder, die US-Exporteuren schaden und den internationalen Handel insgesamt behindern.

Die Weltwirtschaft ist durch komplexe Lieferketten verbunden. Zölle auf bestimmte Produkte können unvorhergesehene negative Auswirkungen auf andere Sektoren haben.

Das eigentliche Problem ist nicht die „falsche“ Antwort der KI an sich. Vielmehr spiegelt sie wider, wie leicht oberflächliche und vereinfachende Argumente in der öffentlichen Debatte Fuß fassen können – und wie KI-Systeme darauf trainiert werden, solche Muster zu erkennen und zu reproduzieren. Die KI wird so zum Echo einer vereinfachenden, oft populistisch geprägten Weltsicht.

Wirtschaftspolitik ist mehr als eine einfache Formel. Sie erfordert eine sorgfältige Analyse, die alle relevanten Faktoren berücksichtigt und die potenziellen Konsequenzen unterschiedlicher Maßnahmen abwägt. Wer sich blind auf KI-generierte Ratschläge verlässt, läuft Gefahr, komplexe Probleme zu unterschätzen und am Ende mehr Schaden anzurichten als Nutzen zu stiften.

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