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Wie weit ist die Silicon Valley Bank entfernt?

Frankfurt/Washington (dpa) – Plötzlich ging alles ganz schnell: Innerhalb weniger Tage verlor die Silicon Valley Bank (SVB) das Vertrauen von Investoren und Kunden, am Freitag übernahm der amerikanische Einlagenversicherer FDIC die Kontrolle und schloss die Bank. Die Schockwellen erreichten Deutschland. Droht eine neue globale Finanzkrise wie 2008? Experten haben diese Gefahr noch nicht bemerkt.

Was hat die Silicon Valley Bank getan?

Das seit 1983 aktive Institut hat sich im Laufe der Jahre zur „Hausbank der Technologiebranche“ entwickelt. Die SVB finanzierte junge Unternehmen auf dem Vormarsch und die boomende Start-up-Szene machte die Bank zu einer der größten Banken der USA. Zu den Kunden gehörten Medienberichten zufolge Start-ups aus Deutschland. Laut FDIC verwaltete die in Kalifornien ansässige Bank Ende Dezember 209 Milliarden US-Dollar an verwaltetem Vermögen und rund 175,4 Milliarden US-Dollar an Kundeneinlagen. Mit einer Bilanzsumme von rund 200 Milliarden Euro sei die SVB „so groß wie die deutsche Staatsbank, aber nur ein Zehntel der größten US-Bank JP Morgan“, ordnete die „Süddeutsche Zeitung“ ein.

Warum geriet die Bank in Schwierigkeiten?

Man könnte sagen, dass die SVB zu viel Geld hatte und es ungünstig angelegt hat. Die Bank investierte in Niedrigzinsphasen in US-Staatsanleihen und langlaufende immobilienbesicherte Wertpapiere. Doch dann erhöhte die US-Notenbank schnell die Zinsen, um die hohe Inflation zu bekämpfen. Viele der Wertpapiere, die die SVB in der Niedrigzinsphase erworben hat, haben deutlich an Wert verloren. Gleichzeitig war die SVB gezwungen, den Anlegern höhere Zinsen anzubieten, um zu verhindern, dass sie ihr Geld abheben. Durch den Verkauf von Anleihen realisierte die SVB zuletzt einen Verlust von 1,8 Milliarden Dollar. Für zusätzliche Verunsicherung sorgte der Versuch, durch die Ausgabe neuer Aktien frisches Geld von Investoren einzusammeln. Allein am Donnerstag fiel die SVB-Aktie an der Wall Street um gut 60 Prozent.

Ist die Silicon Valley Bank in Deutschland aktiv?

Die Silicon Valley Bank hat seit dem 30. Mai 2018 eine Niederlassung in Deutschland und operiert mit dem Kreditgeschäft von Frankfurt am Main aus. Die Finanzaufsicht Bafin hat am Montag die deutsche Filiale der Silicon Valley Bank für Kunden mit sofortiger Wirkung geschlossen und ein Verkaufs- und Zahlungsverbot verhängt. Gleichzeitig erklärte die Bafin: „Die Notlage der deutschen Niederlassung der Bank aus dem Silicon Valley stellt keine Gefahr für die Finanzstabilität dar.“

Droht eine globale Finanzkrise wie 2008?

Experten halten dies derzeit für unwahrscheinlich. Die Probleme der SVB und anderer Finanzinstitute erinnern an den Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers, die vor rund 15 Jahren die weltweite Finanzkrise ausgelöst haben soll. Allerdings gibt es wichtige Unterschiede: Die SVB ist kein kleines Institut, aber gemessen an der Bilanzsumme rangiert sie auf Platz 16 aller amerikanischen Banken. Allerdings ist die SVB im Jahr 2008 bei weitem nicht so groß wie Lehman. Zudem ist die SVB ein auf Venture Capital und Start-ups im Technologiesektor spezialisiertes Geldhaus, während die Bedeutung von Lehman für das Finanzsystem viel größer war.

Zudem wurden seit der Finanzkrise zahlreiche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, um eine Wiederholung der damaligen Ereignisse zu verhindern. „Politik, Notenbanken und Finanzmarktteilnehmer haben dazugelernt“, erklärt Commerzbank-Experte Ulrich Leuchtmann. Insbesondere gibt es heute Instrumente zur Eindämmung solcher Krisen, die erst nach 2008 geschaffen werden mussten. „Und weil es sie damals noch nicht gab, waren die Auswirkungen der Ansteckung größer, als sie heute sein sollten“, ergänzt Leuchtmann.

Der künftige Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick, rät der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag) angesichts des historischen „Zinsschocks“ zur Vorsicht: „Mittlerweile ist allen klar: Im Finanzsystem bedeuten die steigenden Zinsen gerade bei langfristigen Anleihen und Immobilienkrediten enorme Verluste. Einige Banken können das abdecken. Schwierig wird es, wenn Kunden ihr Geld kurzfristig abheben können. Dann können die Verluste sein so hoch, dass die Bank zahlungsunfähig wird, wie es in Amerika passiert.“

Was kommt als nächstes für die Silicon Valley Bank?

In den USA hat die Regierung angekündigt, dass alle Einlagen bei Geldhäusern geschützt werden. Finanzministerin Janet Yellen, der Vorsitzende der US-Notenbank, Jerome Powell, und die US-Einlagensicherungsgesellschaft FDIC gaben am Sonntagabend (Ortszeit) in einer gemeinsamen Erklärung bekannt, dass alle Einleger vollständig geschützt sind und ab Montag auf ihr Geld zugreifen können: „Der Steuerzahler wird nicht leiden Verluste im Zusammenhang mit der Liquidation der Silicon Valley Bank.“

Inzwischen wurde die britische Filiale von der Großbank HSBC übernommen. Die britische Regierung sagte am Montagmorgen, die Transaktion sei „von der Bank of England im Einvernehmen mit dem Finanzministerium ermöglicht worden“. „Es sind keine Steuergelder im Spiel und Kundeneinlagen sind geschützt“, hieß es in London.

Wie reagieren die Finanzmärkte?

Bereits in der vergangenen Woche sind die Kurse der Bankaktien – darunter auch der deutschen Institute – deutlich gefallen. Am Montagmorgen fielen die Aktienmärkte in Europa erneut. Der Dollar geriet unter Druck und die Zinsen am Kapitalmarkt sanken.

Dreht die Fed jetzt ihren Kurs um?

Ab Frühjahr 2022 hat die Fed die Zinsen in den USA um 4,5 Prozentpunkte erhöht. Auch explodierende Zinsen haben Nebenwirkungen, wie der Fall SVB nun zeigt. Dieses grundsätzliche Problem, das auch andere Finanzinstitute betreffen könnte, sollte der Fed zu denken geben. Andererseits hat die Fed am Wochenende ein neues Kreditprogramm aufgelegt, mit dem Banken zu günstigen Konditionen an frisches Geld kommen. Die Notenbank scheint also zunächst einen anderen Weg gehen zu wollen, als ihren Zinssatz zu ändern. Noch absehbar sind die Auswirkungen der nächsten Zinssitzung, die in etwas mehr als einer Woche stattfindet: Die amerikanische Bank Goldman Sachs etwa rechnet angesichts der Unsicherheit im Bankensektor mit einer Zinspause. In den kommenden Monaten werde die Fed jedoch weiter straffen, schreiben Analysten.

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