Zürich/Bern (dpa) - Die schwer angeschlagene Schweizer Bank Credit Suisse wird vom grösseren Lokalkonkurrenten UBS übernommen. Das teilten der Schweizer Bundesrat und Vertreter der beiden Institute und Aufsichtsgremien am Sonntagabend an einer Pressekonferenz mit. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) unterstützt die Übernahme mit Liquiditätshilfen in Höhe von 100 Milliarden Franken (rund 101 Milliarden Euro) für beide Banken.
Die Übernahme der zweitgrössten Bank der Schweiz, der Credit Suisse, durch UBS ist die bedeutendste Bankenfusion in Europa seit der Finanzkrise vor 15 Jahren. Vorausgegangen war ein das ganze Wochenende dauernder Verhandlungsmarathon, an dem die Beteiligten der beiden Banken sowie die höchsten Vertreter aus Politik und Aufsichtsgremien teilnahmen.
Die Nationalbank übernimmt einen Teil des Risikos
Um die Risiken für die UBS zu reduzieren, übernimmt der Bund zudem eine Garantie von CHF 9 Milliarden zur Deckung potenzieller Verluste. Die Massnahmen stellen sicher, dass die SNB der Credit Suisse bei Bedarf ausreichend Liquidität zur Verfügung stellen kann.
Politiker und Aufsichtsbehörden drängen die beiden Banken zur Fusion. Der Bundesrat hat am Wochenende mehrere Sitzungen zur CS-Situation abgehalten.
Die Schweizer Regierung in Bern stand unter grossem Druck, die Situation zu stabilisieren und die Credit Suisse zu unterstützen. Denn das Finanzinstitut ist einer der weltweit größten Vermögensverwalter und gehört zu den 30 global systemrelevanten Banken, deren Zusammenbruch das internationale Finanzsystem erschüttern würde. An den Gesprächen über die sofortige Übernahme beteiligten sich laut Medienberichten auch die US-Behörden. Beide Banken sind dort sehr aktiv.
Wichtig für die Stabilität des Finanzplatzes
Bundespräsident Alain Berset sagte, die Credit Suisse habe das Vertrauen der Kunden verloren und die Liquidität müsse gewährleistet werden. Deshalb stellte die SNB den Kredit zur Verfügung. Die Übernahme werde vom Bundesrat unterstützt, hieß es. Damit werden die notwendigen Rahmenbedingungen gesetzt. Die Transaktion ist wichtig für die Stabilität des Schweizer Finanzplatzes. Eine schnelle, stabilisierende Lösung sei nötig: «Der Bundesrat ist überzeugt, dass eine Übernahme die beste Lösung ist, um das Vertrauen wiederherzustellen.»
Finanzministerin Karin Keller-Suter sagte, der Bund habe eine Garantie in Höhe von CHF 9 Milliarden abgegeben, um das Risiko der Credit Suisse zu tragen. Der Präsident der SNB, Thomas Jordan, betonte, dass die Reputation für die Schweizer Wirtschaft entscheidend sei. Colm Kelleher, Verwaltungsratspräsident der UBS Group, sagte: „Dies ist eine riesige Chance für uns.“ Der Zusammenschluss beider Banken stärkt die Position von UBS.
Die Finanzmarktaufsicht begrüßt die Übernahmeentscheidung
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) begrüsst den Übernahmeentscheid und die Massnahmen des Bundes und der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Eine Übernahme führt zu einem größeren Pot. Die bestehende Verordnung sieht dafür größere Kapitalpolster vor. Gemäss Mitteilung gewährt die FINMA angemessene Übergangsfristen für deren Entwicklung.
Bei der Credit Suisse bestand das Insolvenzrisiko, auch wenn die Bank noch zahlungsfähig war. „Die Behörden mussten Massnahmen ergreifen, um ernsthaften Schaden von den Schweizer und internationalen Finanzmärkten abzuwenden“, sagte die Finma.
Die gescheiterte Großbank Credit Suisse musste zuletzt einen deutlichen Vertrauensverlust bei den Anlegern hinnehmen. Der Aktienkurs fiel auf ein Rekordtief, nachdem der größte Investor der Bank weiteres Kapital ablehnte und das Institut weiterhin mit Mittelabflüssen zu kämpfen hatte.
Die Nationalbank interveniert
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) stellte dem Institut daraufhin zunächst Kredite von bis zu 50 Milliarden Franken (knapp 51 Milliarden Euro) zur Verfügung. Für Notenbank, Finanzaufsicht und Regierung ging es auch darum, eine allgemeine Bankenkrise zu verhindern.
Im gesamten vergangenen Geschäftsjahr zogen Kunden der Credit Suisse Gelder in Höhe von rund CHF 123 Milliarden ab. Der Börsenwert der 1856 gegründeten Traditionsbank ist in den vergangenen zwölf Monaten um rund zwei Drittel gesunken. Auf ihrem Höhepunkt Mitte der 1990er-Jahre war die Bank mehr als 110 Milliarden Franken wert.
Zum Handelsschluss am vergangenen Freitag an der Börse war die Credit Suisse nur noch umgerechnet 7,46 Milliarden Euro wert, während die UBS umgerechnet rund 60,8 Milliarden Euro wert war.
Die Bilanzsumme der UBS mit mehr als 72.000 Mitarbeitern belief sich im Jahr 2022 auf umgerechnet 1.030 Milliarden Euro, die der Credit Suisse mit über 50.000 Mitarbeitern auf umgerechnet 535,44 Milliarden Euro. UBS hat im Jahr 2022 einen Gewinn von 7,6 Milliarden US-Dollar erzielt (derzeit 7,07 Milliarden US-Dollar). Die Credit Suisse hingegen meldete einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken (7,4 Milliarden Euro).
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