Berlin (dpa) – Der regimekritische russische Regisseur Kirill Serebrennikov hat seine Fassung von Wolfgang Amadeus Mozarts „Così fan tutte“ an der Komischen Oper Berlin veröffentlicht. Der 53-Jährige inszenierte das Stück über Liebe, Eifersucht und Untreue vor fünf Jahren per Videoübertragung aus dem damaligen Hausarrest in Moskau für das Opernhaus Zürich. Serebrennikov lebt heute im Exil in Berlin und konnte die Arbeiten selbst betreuen.
Mozart lässt offenbar die innig verliebten Ferrand (Caspar Singh) und Guglielmo (Hubert Zapiór) in den Krieg ziehen, um die Loyalität ihrer Partner Fiordiliga (Nadja Mchantaf) und Dorabella (Susan Zarrabi) auf die Probe zu stellen. Stattdessen verwickelt Don Alfonso (Günter Papendell) mit Hilfe von Despina (Alma Sadé) alle in einen fiesen Plot mit vertauschten Rollen, von dem am Ende niemand profitiert.
Serebrennikov, der kürzlich seinen Film „Tchaikovskys Frau“ bei den Filmfestspielen in Cannes vorstellte, setzt die Geschichte mit den Figuren auf mehreren Ebenen um, auch die Statisten schlüpfen in die Rollen von getauschten Liebenden.“ Damit soll deutlich werden, dass junge Frauen und Männer es sind im Einklang mit ihren Erinnerungen und ihrem Unterbewusstsein.“ , erklärte der Regisseur. Bei Mozart gehe es „letztlich um junge Menschen, die einer schwierigen Realität begegnen und erkennen, dass alles höllisch kompliziert ist“. Auch verliebt.
Die Inszenierung hat auch einen (erschreckend) realen Bezug zum Krieg in der Ukraine. Mozarts Darstellung des Krieges hat romantische Züge, „drastisch formuliert könnte man sie fast als Propaganda ansehen“, wie Serebrenikow es sieht. Mozarts vom Chor gesungene Märsche werden von Kriegs- und Trauerbildern begleitet. „In meinem Land, das den Krieg begonnen hat, gehen junge Menschen, meist vergiftet durch Propaganda, in einen sinnlosen und monströsen Krieg, um zu töten und zu sterben.“
Nach Olga Neuwirths „American Lulu“ nach Alban Berg und Rossinis „Il Barbiere di Siviglia“ realisiert Serebrennikov mit „Così fan tutte“ seine dritte Regiearbeit an der Komischen Oper. Es ist das Vorspiel zu allen drei Opern, die Mozart zu den Libretti von Lorenzo Da Ponte (1749-1838) schrieb. Es folgt Serebrennikovs „Le nozze di Figaro“ und schließlich „Don Giovanni“, dessen Todesauftritt im Finale es Serebrennikov bereits erlaubt, die Musik zu zitieren.
Von Solisten, Chor und Orchester unter der Leitung von Katharine Müllner wurde allen kräftig zugejubelt.
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