Die tagesschau.de hat in Zusammenarbeit mit dem RBB-Politikmagazin Kontraste und der Wochenzeitung Die Zeit brisante Informationen aus russischen Geheimdossiers veröffentlicht. Diese Dokumente, erstellt vom Europa-Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften unter Leitung von Alexey Gromyko, geben einen seltenen Einblick in die russische Wahrnehmung der deutschen Politik und offenbaren eine gezielte Strategie zur Einflussnahme auf die deutsche Gesellschaft und Politik.
Geheimdokumente enthüllen detaillierte Strategie
Die Analyse der vertraulichen Papiere, die offenbar an die russische Nomenklatura, inklusive des Außenministeriums und des russischen Botschafters in Berlin, gelangten, zeigt ein klares Bild der russischen Strategie. Es geht nicht nur um reine Beobachtung, sondern um aktive Einflussnahme, die verschiedene Parteien und Akteure in Deutschland gezielt anspricht.
Angst schüren und Spaltung fördern
Ein zentrales Element der russischen Strategie ist die Schürung von Angst vor einem Konflikt zwischen der NATO und Russland. Die Dokumente identifizieren Politiker wie Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und den Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter (CDU) als Provokateure dieses vermeintlichen Konflikts. Die Absicht ist klar: Die Verbreitung dieser Narrative soll die Wählerschaft verunsichern und zu Parteien treiben, die als potenziell pro-russisch gelten, wie die AfD und die Partei BSW. Quelle: Tagesschau.de, 18.10.2024, „Russische Geheimdossiers „Scholz ist noch der Beste der Bösen““
Sarah Wagenknecht: Ein wichtiger Akteur für Russland?
Besondere Aufmerksamkeit widmet das Geheimdossier Sarah Wagenknecht. Die Dokumente empfehlen, „über bestehende Kanäle engere Kontakte zu Wagenknecht und ihrer Umgebung zu schmieden“. Wagenknecht wird als wichtige Gegnerin „anti-russischer Kräfte“ in Deutschland und Brüssel dargestellt. Diese Einschätzung unterstreicht die Bedeutung, die Russland Wagenknechts politischer Position beimisst.
Ambivalentes Bild der etablierten Parteien
Die Analyse betrachtet die etablierten Parteien mit einer gewissen Ambivalenz. Während die AfD mit Vorsicht betrachtet wird – insbesondere die mögliche Führung unter Björn Höcke wird kritisch gesehen – wird die SPD differenzierter beurteilt. „Mützenich und Co“ werden als potentielle Unterstützer einer „alternativen Friedenslösung“ identifiziert, im Gegensatz zu Kanzler Scholz‘ Politik. Scholz selbst wird als „noch der Beste unter den Bösen“ bezeichnet, da er trotz des Drucks aus seiner Partei und der Koalition bislang keine Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine geliefert hat. Diese Zurückhaltung wird jedoch als vorübergehend eingeschätzt.
Die Rolle der politischen Stiftungen
Die russischen Analysten sehen in den deutschen politischen Stiftungen ein wichtiges Einfallstor für Einflussnahme. Es wird empfohlen, die Kontakte zu den Stiftungen, insbesondere zur Friedrich-Ebert-Stiftung, wiederzubeleben und die Heinrich-Böll-Stiftung auszunehmen. Die Friedrich-Ebert-Stiftung wird als Hort einer Friedenspolitik in der Tradition von Willy Brandt und Egon Bahr angesehen, während die Auslassung der Heinrich-Böll-Stiftung die klare Abgrenzung gegenüber den Grünen verdeutlicht. Die Tatsache, dass die Friedrich-Ebert-Stiftung in Russland als „unerwünschte Organisation“ gilt, wird als Hindernis betrachtet, dessen Überwindung angeregt wird.
Wiederbelebung des Petersburger Dialogs
Die Enthüllung umfasst auch Informationen zur Wiederbelebung des „Petersburger Dialogs“, eines eigentlich eingestellten Gesprächsformats zwischen Russland und Deutschland. Die Dokumente deuten auf konspirative Treffen in Baku hin, an denen Alexey Gromyko selbst teilnehmen soll.
Bewertung und Schlussfolgerungen
Die in den Geheimdossiers dargelegte Strategie zeigt ein klares Bild der russischen Bemühungen, die politische Landschaft in Deutschland zu beeinflussen. Die gezielte Ansprache verschiedener Parteien und Akteure, die Schürung von Ängsten und die Nutzung von informellen Kanälen verdeutlichen die Komplexität und die weitreichenden Ambitionen der russischen Einflussnahme. Die Enthüllung stellt eine wichtige Information für die deutsche Öffentlichkeit und die Politik dar und erfordert eine kritische Auseinandersetzung mit den dargestellten Strategien und deren möglichen Folgen. Die Veröffentlichung dieser Informationen durch Tagesschau.de, Kontraste und Die Zeit leistet einen wertvollen Beitrag zur Transparenz und zur öffentlichen Debatte über die Herausforderungen der Informations- und Einflussnahme in der heutigen Zeit.
FAQ
Frage: Wer ist Alexey Gromyko?
Antwort: Alexey Gromyko ist der Leiter des Europa-Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften. Sein Großvater, Andrei Gromyko, war ein langjähriger sowjetischer Außenminister.
Frage: Welche Dokumente wurden enthüllt?
Antwort: Es handelt sich um vertrauliche Zusatzteile zu Analysen des Europa-Instituts zur politischen Lage in Deutschland, die an die russische Nomenklatura gelangten.
Frage: Welche Parteien werden in den Dokumenten erwähnt?
Antwort: Die Dokumente erwähnen die SPD, die FDP, die CDU, die AfD, die Partei BSW und die Rolle von Sarah Wagenknecht.
Frage: Was ist das Ziel der russischen Strategie?
Antwort: Das Ziel ist die Einflussnahme auf die deutsche Politik und Gesellschaft, unter anderem durch die Schürung von Ängsten vor einem Konflikt mit Russland und die Unterstützung von Parteien, die als pro-russisch gelten.
Frage: Welche Rolle spielen die politischen Stiftungen?
Antwort: Die russischen Analysten sehen in den deutschen politischen Stiftungen, insbesondere in der Friedrich-Ebert-Stiftung, ein Einfallstor für Einflussnahme.
Frage: Was ist der „Petersburger Dialog“?
Antwort: Der „Petersburger Dialog“ war ein Gesprächsformat zwischen Russland und Deutschland, das mittlerweile wiederbelebt werden soll.
Frage: Was ist die Bedeutung dieser Enthüllung?
Antwort: Die Enthüllung zeigt die Komplexität und die weitreichenden Ambitionen der russischen Einflussnahme auf die deutsche Politik und Gesellschaft und erfordert eine kritische Auseinandersetzung mit den dargestellten Strategien.