Kiew/Moskau (dpa) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den im russischen Angriffskrieg getöteten Scharfschützen posthum mit dem Titel „Held der Ukraine“ geehrt. Der 42-Jährige sei „ein Mann, an den wir uns immer erinnern werden“, sagte Selensky gestern in einer Videobotschaft.
Ein Video, in dem ein unbewaffneter Mann erschossen wird, nachdem er den Slogan „Ehre der Ukraine“ gerufen hat, hat internationale Empörung ausgelöst. Nach ukrainischen Angaben hat die Analyse nun endgültig die Identität des Mannes geklärt.
Laut dem ukrainischen Geheimdienst SBU soll es sich bei dem Soldaten um einen Kriegsgefangenen gehandelt haben, der von russischen Soldaten erschossen wurde. Auch in Deutschland sorgte ein Video der angeblichen Erschießung eines Mannes in ukrainischer Uniform durch russischsprachige Männer für Bestürzung. Der Mann rief den Gruß der ukrainischen Armee „Ehre der Ukraine!“ bevor die Schüsse fielen. Die Echtheit des Videos konnte von unabhängiger Seite zunächst nicht bestätigt werden.
Weitere Kämpfe für Bachmut
In der strategisch wichtigen Stadt Bachmut kämpfen ukrainische Einheiten weiter gegen russische Angreifer. Feindliche Infanterie, unterstützt von Artillerie, griff eine Basis von Grenzsoldaten an, die ebenfalls in Bachmut kämpften, teilte das ukrainische Militär mit. Die Angreifer wurden auch mit Hilfe von Granatwerfern niedergeschlagen.
Kiew betonte noch einmal die Bedeutung des Kampfes um Bakhmut. Wichtige russische Streitkräfte und Reserven würden gebunden und erhebliche Verluste erleiden, hieß es. Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner Jewgeni Prigoschin sprach von einer „sehr schwierigen“ Lage.
Die Ukraine wird zum drittgrößten Waffenimporteur
Infolge des russischen Angriffskriegs wurde die Ukraine innerhalb eines Jahres zu einem der größten Waffenimporteure der Welt. Seit die ehemalige Sowjetrepublik 1991 ihre Unabhängigkeit erlangte, wurden nur wenige schwere Waffen aus dem Ausland importiert – aber letztes Jahr machte Militärhilfe aus den USA und Europa die Ukraine zum drittgrößten Waffenimporteur.
Das geht aus einem Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri hervor. Nur Katar und Indien liegen vor der Ukraine. Im Zeitraum 2018-2022 liegt die Ukraine mit einem Anteil von 2,0 Prozent am Volumen der weltweiten Waffenimporte auf Platz 14.
Der Abgeordnete rechnet mit einer Erhöhung des Verteidigungshaushalts
Laut dem ukrainischen Abgeordneten Yaroslav Zheleznyak von der Partei Holos (Stimme) plant das Parlament in Kiew aufgrund des Krieges in naher Zukunft eine große Budgeterhöhung. Demnach wird der Verteidigungshaushalt in Vrhovna Rada um umgerechnet zwölf Milliarden Euro steigen. Insgesamt entspräche dies einer Budgetsteigerung von gut 19 Prozent. Zur Finanzierung der angeblichen Änderungen machte Schelesnjak keine Angaben. Laut aktuellem Budget sollen zwischen 50 und 60 Prozent aus dem Ausland finanziert werden.
Ischinger: Einen Friedensprozess für die Ukraine vorbereiten
Der frühere Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, sprach sich für die Vorbereitung von Rahmenbedingungen für Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine aus. „Neben Waffenlieferungen und finanzieller Unterstützung müssen wir der wachsenden kritischen Masse an Themen in den USA ebenso wie in Deutschland Perspektiven bieten“, schrieb er in einem Gastbeitrag für den Berliner Tagesspiegel.
Klitschko lobt Deutschlands Hilfe und fordert mehr Waffen
Kiews Bürgermeister Witali Klitschko lobte die militärische Unterstützung Deutschlands für die Ukraine im Krieg gegen Russland – und forderte gleichzeitig mehr Tempo bei weiteren Waffenlieferungen. „Ich will mich nicht beklagen und den Deutschen noch einmal danken“, sagte der frühere Boxweltmeister dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
„Deutschland ist einer der größten Unterstützer der Ukraine, was finanzielle Hilfen und Rüstungslieferungen betrifft. Aber die Wahrheit ist, dass die deutsche Regierung zu langsam in ihren Entscheidungen ist, und dafür zahlen wir den höchsten Preis: das Leben unserer Soldaten und das Leben unserer Bürger.“
Beide Seiten sprechen über Beschuss
Russland hat die Ukraine beschuldigt, Orte im umstrittenen Donbass beschossen zu haben. Nach Angaben der von Moskau eingesetzten russischen Verwaltung in Lugansk wurden in Perewalsk drei Zivilisten getötet und mindestens neun verletzt. Die Ukraine hat den amerikanischen Himar-Raketenwerfer abgefeuert. Kiew sprach über den russischen Beschuss ziviler Objekte. In Biloserk wurde ein Kind verletzt. Die von beiden Parteien bereitgestellten Informationen konnten nicht unabhängig überprüft werden.
Charkiw vom Krieg gezeichnet
Gut ein Jahr nach Beginn der russischen Invasion wurde auch die zweitgrößte Stadt der Ukraine, Charkiw, von Anschlägen heimgesucht. „Heute leben etwa 1,1 Millionen Menschen in Charkiw, halb so viele wie vor dem Krieg“, sagte Bürgermeister Ihor Terekhov mit Blick auf die vielen Flüchtlinge. Etwa 150.000 Einwohner wurden durch ständigen Beschuss obdachlos.
Eine interne Untersuchung des mutmaßlichen Angriffs
Die ukrainische Armee hat eine interne Untersuchung des mutmaßlichen Angriffs eines Offiziers auf einen Soldaten in einem Ausbildungszentrum in der Region Schytomyr eingeleitet. Das Kommando teile die Empörung über den Vorfall, teilte das Militär mit. Der Verdächtige wurde suspendiert und wird streng bestraft, wenn seine Schuld nachgewiesen wird. Zuvor war im Internet ein Video aufgetaucht, das angeblich einen Offizier zeigt, der einen Soldaten misshandelt.
Was heute wichtig ist
Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko führt Gespräche in der iranischen Hauptstadt Teheran. Politisch und finanziell von Moskau abhängig, stellte Lukaschenko seine Militärstützpunkte für russische Angriffe auf die Ukraine zur Verfügung. Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri veröffentlicht einen Bericht über weltweite Waffenexporte und -importe. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine wird wohl erstmals zu spüren sein.
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