Berlin (dpa) – Deutsche Krankenhäuser befürchten, dass die Bundesregierung Milliardenhilfen zum Ausgleich gestiegener Energiekosten zugesagt hat.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) wirft der Bundesregierung grundlegende Planungsfehler beim Hilfsprogramm vor: Der Härtefallfonds sei so ausgelegt, dass die meisten Fälle einfach nicht berücksichtigt würden, sagte DKG-Präsident Gerald Gass. „Aus den versprochenen sechs Milliarden Euro Hilfe für Kliniken werden reine Messemilliarden.“
Das Bundesgesundheitsministerium wies die Kritik zurück: „Die Darstellung der DKG ist nicht korrekt“, sagte ein Sprecher. Mit dem Krankenhausfinanzierungsgesetz will die Bundesregierung den Krankenhäusern für den Zeitraum von Oktober 2022 bis April 2024 bis zu sechs Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Davon sollen je nach Bettenzahl 1,5 Milliarden als Pauschalzahlungen kommen. Die Kliniken warten auf die Zahlung der verbleibenden bis zu 4,5 Mrd. HRK, die für jedes Haus individuell nach den tatsächlichen Energiekosten berechnet werden.
Ein paar Kritikpunkte
Hauptkritikpunkt der Krankenhäuser ist die Wahl des März 2022 als Vergleichsmonat. „Der Markt hat damals schon auf den Krieg reagiert, die Preise waren im Vergleich zu 2021 schon sehr hoch“, sagte Gass.
Die Wahl des Vergleichsmonats März benachteilige Krankenhäuser systematisch, da der März grundsätzlich ein sehr energieintensiver Monat sei und die meisten Krankenhäuser einen monatlichen Abschlag nach tatsächlichem Verbrauch und nicht den Jahresdurchschnittsabzug zahlen, beklagt eine Sprecherin des baden-württembergischen Krankenhauses Verband in Stuttgart. „Der März-Rabatt ist also immer ein überhöhter Vergleich, egal welches Jahr Sie betrachten.“
Laut Gesetz müssten Krankenhäuser für die erste Tranche der Hilfszahlungen zunächst ihre Energiekosten für die drei Monate von Oktober bis Dezember 2022 ermitteln und mit ihren Energiekosten für März 2022 vergleichen.
Die DKG geht davon aus, dass allein im Rahmen dieser ersten Tranche mehr als 710 Millionen Euro bundesweit ausgezahlt werden könnten, sofern 4,5 Milliarden Euro gleichmäßig auf die Laufzeit des Hilfsprogramms bis 2024 verteilt werden. Sie betrug nämlich nach Angaben des Bundesamtes für Sozialversicherungen bis zum 27. Februar 36,7 Millionen Euro. Die DKG kommt zu dem Schluss, dass nur fünf Prozent der möglichen Summe ausgezahlt wurden.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass laut Gesetz nur die Kosten für Strom, Gas und Fernwärme erstattet werden können und andere Brennstoffe wie Heizöl oder Holzpellets nicht genannt werden.
„Kliniken haben keine Chance, die versprochene Hilfe anzufordern“, kritisiert DKG-Präsident Gass. „Aber nicht, weil die Kostensteigerung geringer ausfallen würde als erwartet, sondern weil der Härtefallfonds so ausgelegt ist, dass die meisten Fälle einfach nicht berücksichtigt werden.“
Zudem wirft die DKG der Bundesregierung vor, alle anderen inflationsbedingten Kostensteigerungen zu ignorieren. „Pleiten kommen, obwohl Minister Lauterbach ausdrücklich zugesagt hat, dass keine Klinik durch gestiegene Energiepreise und Inflation gefährdet wird“, sagt der Präsident der DKG. DKG braucht schnelle Abhilfe.
Das Bundesgesundheitsministerium hält die Kritik für unberechtigt. Einerseits haben die Krankenhäuser nach Angaben des Ressorts von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) von den allgemein gesunkenen Energie- und Strompreisen profitiert. Zudem hätten Krankenhäuser im Gegensatz zu anderen Branchen einen Vorteil, weil indirekte Energiekosten pauschal erstattet würden. „Bis Ende März werden drei Tranchen in Höhe von insgesamt 1,5 Milliarden Euro an die Krankenhäuser überwiesen“, sagte der Sprecher.
Zur Bilanzierung der restlichen 4,5 Milliarden, die von den Krankenhäusern so scharf kritisiert werden, weist das Ministerium darauf hin: „Auch hier sind die Krankenhäuser besser als andere Branchen.“ Die erste Tranche wurde bereits ausgezahlt, weitere werden folgen. „Klar ist aber, dass nicht der allgemeine Kostenanstieg kompensiert wird, sondern nur die zusätzlichen Energie- und Stromkosten durch den Krieg in der Ukraine“, sagte der Sprecher.
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