Berlin (dpa) – In Berlin hat sich die Jus mit überwältigender Mehrheit gegen die geplante Koalition mit der CDU ausgesprochen. Der Vorschlag des Landesausschusses mit dem Titel „NoGroKo – Berlin arbeitet nur mit links“ erhielt am Samstag auf der Jusos-Konferenz eine große Mehrheit von rund 80 Delegierten. Die Jugendorganisation der SPD forderte heftig und mit großem Beifall die Fortsetzung der Koalition mit Grünen und Linken und lehnte eine Zusammenarbeit mit der CDU grundsätzlich ab.
Bei der Neuwahl am 12. Februar in der Hauptstadt führt die CDU mit 28,2 Prozent, SPD und Grüne mit jeweils 18,4 Prozent und die Linke mit 12,2 Prozent. SPD und CDU haben am Donnerstag in Berlin Koalitionsgespräche aufgenommen.
Auf der Juso-Konferenz kritisierten viele Delegierte, dass SPD-Landesvorsitzende und regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und ihr Co-Vorsitzender Raed Saleh sich der Debatte nicht stellten. Über CDU-Chef Kai Wegner, der nach aktuellem Plan regierender Bürgermeister werden soll, heißt es in der Juso-App: „Kai ist der falsche Name für die Rote Kammer.“ Er ist für die Stelle völlig ungeeignet. „Wer im Wahlkampf gezielt rassistische rechtsextreme Narrative ausnutzt“, kann von den Sozialdemokraten nicht zum Bürgermeister gewählt werden.
Kampagne gestartet
Die CDU polarisierte im Wahlkampf, weil sie nach den Silvesterkrawallen nach den Vornamen von Verdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit fragte, um herauszufinden, ob sie einen Migrationshintergrund haben. Wegner sagte damals: „Wir müssen die Namen kennen, um präzise Antworten geben und junge Menschen erreichen zu können.“
Mit einer neuen Website startete die Jus den angekündigten Feldzug gegen die geplante Koalition. Staatspräsidentin Sinem Taşan-Funke sagte: „Wir werden nicht aufhören, bis wir diese Große Koalition verhindern.“
SPD-Vizepräsident und Staatssekretär im Bundesbauministerium, Cansel Kiziltepe, verteidigte hingegen Verhandlungen mit der CDU. Sie betonte, dass die Grünen inhaltlich nicht entschieden Stellung beziehen. Aussagen zu 29 Euro Eintritt, Unterkunft und kostenfreien Tagesstätten blieben unklar. Sie sagte aber auch: „Ja, die CDU ist konservativ. Das ist nicht immer einfach. Der Wahlkampf war rassistisch, das hat mich persönlich getroffen.“ Aber es gab eine Zusage, dass es persönliche Äußerungen mit Korrekturen geben würde.
Giffey warnt vor „Zuschauerbank“
Alle Jus-Redner lehnten die CDU als Koalitionspartner entschieden und teilweise emotional ab und erhielten dafür Standing Ovations.
Sollten sich die Berliner SPDs für die Jusovs entscheiden und eine Koalition mit der CDU ablehnen, sieht die jetzige Bürgermeisterin Giffey ihre Partei in der Opposition. „Denn ich bin überzeugt, wenn die SPD diesen Weg nicht geht, glaube ich nicht, dass es eine rot-grün-rote Koalition geben wird“, sagte sie dem RBB Inforadio. Kommt es nicht zu einer Koalition mit der CDU, ist geplant, dass die SPD „auf der Zuschauerbank“ sitzen und den Schwarz-Grünen bei der Arbeit zusehen kann. Das sei nicht ihr Recht auf Politik, sagte Giffey.
Sie räumte ein, dass man für ein Bündnis mit der CDU an Überzeugungsarbeit und Kommunikation in den eigenen Reihen arbeiten müsse. „Ich höre diese skeptischen Stimmen“, sagte sie. In den Kreisverbänden wird intensiv diskutiert. Allerdings sind sie uneinheitlich und es gibt keineswegs nur Ablehnung.
Die Jus in Berlin haben rund 5.000 Mitglieder, SPD-Mitglieder unter 35 Jahren sind automatisch dabei. Bis zum 21. April müssen die knapp 19.000 Abgeordneten der SPD in Berlin über Annahme oder Ablehnung des mit der CDU ausgehandelten Koalitionsvertrags abstimmen.
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