Tel Aviv (dpa) – Zehntausende Menschen haben in Israel erneut gegen die geplante Justizreform protestiert. In einigen Städten wurde laut israelischen Medien am zehnten Samstagabend in Folge eine Rekordzahl von Teilnehmern erreicht. Allein in der Küstenmetropole Tel Aviv gingen etwa 145.000 Demonstranten auf die Straße, in Haifa etwa 50.000. Es gab auch Kundgebungen in Jerusalem, Beerscheba, Eilat und mehreren anderen Städten.
Nach den Plänen der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll das Parlament Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs künftig mit einfacher Mehrheit aufheben können. Zudem soll der Politik mehr Einfluss bei der Ernennung von Richtern eingeräumt werden. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte sich besorgt darüber.
Israels Präsident Izchak Herzog hat sich vor wenigen Tagen erstmals öffentlich gegen die Pläne der rechtsreligiösen Regierung ausgesprochen. Die Justizreform sei falsch, repressiv und untergrabe Israels demokratische Grundlagen, sagte er. Er kündigte auch an, einen Kompromiss zwischen Befürwortern und Gegnern der Reform vermittelt zu haben. Details dazu wurden nicht veröffentlicht.
Inzwischen schreitet die Justizreform voran. Schlüsselelemente der umstrittenen Reform könnten nächste Woche im Parlament einer abschließenden Lesung unterzogen werden, berichteten israelische Medien.
Das vorgeschlagene Gesetz könnte auch mit Ministerpräsident Netanjahu in dem seit einiger Zeit laufenden Korruptionsprozess gegen Netanjahu einhergehen.
Kritiker sehen in der Reform eine Bedrohung der Machtteilung und warnen davor, dass Israel zu einer Diktatur werden könnte. Die Regierung hingegen behauptet, dass der Oberste Gerichtshof derzeit zu viel politischen Einfluss habe.
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