Schwerin (dpa/mv) – Die Landesregierung hält trotz jüngster Rückschläge an dem Ziel fest, den Wirtschaftsstandort Mecklenburg-Vorpommern zu stärken und die Ansiedlung von Unternehmen mit gut bezahlten Arbeitsplätzen attraktiver zu machen. Mit dem vom Zukunftsbündnis MV 2021 verabschiedeten Industriekonzept hat das Land einen klaren Weg eingeschlagen. „Wir setzen auf die Strategie der Sicherung und Ansiedlung von Industrie durch die Energiewende“, sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Freitag in Schwerin nach einer einstündigen Sitzung des Zukunftsbündnisses aus Landespolitik, Wirtschaftsführern und Gewerkschaftern.
Die Abkehr von fossilen Brennstoffen und die verstärkte Nutzung erneuerbarer Quellen wie Sonne und Wind, die Energie für grüne Gewerbegebiete lieferten, eröffnete große Chancen. Laut Schwesig hat das Land große Summen im Haushalt eingeplant.
Zuletzt musste Mecklenburg-Vorpommern – entgegen dem Bundestrend – einen Rückgang der Industriearbeitsplätze hinnehmen. Als einen der Hauptgründe nannte Schwesig die Insolvenz der MV-Werft. Sie zeigte sich jedoch zuversichtlich, den Wegfall vieler Arbeitsplätze schnell kompensieren zu können. Für zwei Standorte wurden neue Arbeitgeber gefunden, zudem soll der Bau von Offshore-Plattformen für Offshore-Windparks gefördert werden. Allerdings steht die Genehmigung der Bundesmarine für eine solche Firmenansiedlung in Rostock-Warnemünde noch aus.
Mecklenburg-Vorpommern ging leer aus, als es um Milliardeninvestitionen großer Technologiekonzerne ging. Der Mangel an leistungsfähiger Industrie gilt als Hauptgrund für die im Vergleich zu anderen Ländern geringe Wirtschaftskraft.
Als größte Herausforderung der kommenden Jahre bezeichnete der Präsident des Dachverbandes der Wirtschaft VU Lars Schwarz die Beschäftigung von Arbeitnehmern. Wichtig ist, mehr junge Menschen für eine duale Berufsausbildung zu gewinnen, auch für mehr Praktika. Zudem sollen Zuwanderer aus dem Ausland schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden.
Schwarz betonte auch die Bedeutung einer sicheren Energieversorgung zu bezahlbaren Preisen für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Er forderte die Landesregierung auf, weiter an einer gerechteren Verteilung der Lasten der Energiewende zu arbeiten. Dies gilt insbesondere für die Netzentgelte, die in Norddeutschland fast doppelt so hoch sind wie in Süddeutschland. „Dieses große Ungleichgewicht muss beendet werden“, mahnte Schwarz.
DGB-Nord-Vizepräsident Ingo Schlüter forderte die Arbeitgeber auf, das vorhandene Arbeitskräftepotenzial besser zu nutzen. Betroffen sind Teilzeit- und Kleinjobber sowie Personen, die täglich pendeln oder langzeitarbeitslos sind. Er verwies auf das anhaltend niedrige Lohnniveau im Nordosten. „Der Schlüssel zu mehr Erwerbsbeteiligung liegt in der Verantwortung der Arbeitgeber“, betonte der Gewerkschafter. Sie müssen attraktive Arbeitsbedingungen und vor allem attraktive Gehälter bieten. Schlüter plädierte erneut für gemeinsame Anstrengungen zur Erhöhung der Tarifbindung der Unternehmen.
Auch die Landesregierung sieht bessere Löhne durch bessere Tarifverhandlungen als entscheidenden Hebel, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Die Entwicklung hin zu besseren Löhnen soll laut Schwesig durch das Gesetz zur Harmonisierung der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst gefördert werden. Dies wurde bislang von Kammern und Verbänden kritisiert.
Wie Schwesig weiter mitteilte, wird das vergünstigte Azubi-Ticket, das bisher nur für den Nahverkehr in Mecklenburg-Vorpommern galt, mit der Einführung des Deutschlandtickets deutlich aufgewertet. Daher können Auszubildende ab dem 1. Mai ein Ticket für monatlich 29,00 Euro kaufen und damit bundesweit Regionalzüge und Busse nutzen. Bisher war das Azubi-Ticket zu einem Jahrespreis von 365 Euro erhältlich. Laut Schwesig hatten Anfang vergangenen Jahres 10.860 Jugendliche eine Jahreskarte oder ein Drittel aller Anspruchsberechtigten.
Schwesig räumte ein, dass es in ländlichen Regionen Lücken im Nahverkehr gebe, die den Auszubildenden den Einsatz der Karte erschweren. „Deshalb setzen wir auf den Ausbau des Anrufbussystems, das nicht nur von Auszubildenden, sondern von allen Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden kann“, erklärte Schwesig.
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